Berlin (OTS) – Der Marburger Bund lehnt die im Koalitionsvertrag
angekündigte Reform
des Arbeitszeitgesetzes entschieden ab. „Wer die Tageshöchstgrenze
aus dem Gesetz streicht, hebelt einen zentralen Pfeiler des
Arbeitsschutzes aus. Flexibilität darf nicht heißen, dass Ärztinnen
und Ärzte und andere Beschäftigte noch länger verfügbar sein müssen.
Wer ernsthaft für Gesundheitsschutz sowie eine bessere Vereinbarkeit
von Beruf und Privatleben eintreten will, muss Grenzen respektieren –
nicht abschaffen“, erklärte Dr. Susanne Johna, 1. Vorsitzende des
Marburger Bundes.
Die Ärztegewerkschaft weist in einem Positionspapier darauf hin,
dass das geltende Recht schon jetzt flexible Modelle in ausreichendem
Maße ermöglicht – auf Grundlage tarifvertraglicher Vereinbarungen,
die stets auf Ausgleich und Begrenzung ausgerichtet sind. Susanne
Johna: „Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte stellen die
medizinische Versorgung rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr sicher.
Mehr Flexibilität geht nicht!“ Eine gesetzliche Entgrenzung würde
hingegen die Position der Beschäftigten sowie den Arbeitsschutz
schwächen und tarifliche Regelungen unterlaufen. Denn viele
Schutzmechanismen, die in Tarifverträgen bei längeren Diensten
vorgesehen sind – etwa Ruhezeiten, Freizeitausgleich oder
Dienstbegrenzungen – setzen die Existenz einer gesetzlichen Regel
voraus, von der in tariflich definierten Ausnahmen abgewichen werden
kann. Wird diese gesetzliche Grenze abgeschafft, verlieren auch
tarifliche Ausgleichs- und Schutzmechanismen an Wirksamkeit.
Der Marburger Bund fordert daher, die tägliche Höchstgrenze im
Arbeitszeitgesetz zu erhalten und die tarifliche Regelungskompetenz
zu respektieren. Eine bloße wöchentliche Höchstarbeitszeit würde
faktisch nach Abzug der Mindestruhezeit von 11 Stunden eine tägliche
Höchstarbeitszeit von 13 Stunden abzüglich Pausen ermöglichen.
Die Arbeitgeber werden aufgefordert, unter den bestehenden
Rahmenbedingungen angestellten Ärztinnen und Ärzten mehr
Arbeitszeitsouveränität einzuräumen. „Die von Arbeitgebern geäußerte
Behauptung, längere Tagesschichten ermöglichten eine bessere
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, steht im klaren Widerspruch
zu den Begrenzungen von Kinderbetreuungszeiten wie auch zu allen
arbeitsmedizinischen Erkenntnissen und den erklärten Wünschen der
Beschäftigten nach geregelten und planbaren Arbeitszeiten in einem
belastbaren Umfang“, heißt es in dem Positionspapier des Verbandes
der angestellten Ärztinnen und Ärzte.