Wien/Brüssel (OTS) – foodwatch kritisiert die Pläne der EU,
Bezeichnungen wie „Veggie-
Burger“, „Tofu-Wurst“ oder „Seitan-Schnitzel“ künftig zu verbieten,
scharf. Vor der Abstimmung am Mittwoch im Europaparlament forderte
die Konsument:innenschutzorganisation die Abgeordneten dazu auf,
diesen Vorschlag zu stoppen. Ausgerechnet Österreich war mit der
Forderung nach einem solchen Verbot im EU-Landwirtschaftsrat
vorgeprescht. „Wir appellieren an Minister Norbert Totschnig, den
Hausverstand wieder walten zu lassen und diesen Irrsinn nicht weiter
zu unterstützen“, fordert Indra Kley-Schöneich, Leiterin von
foodwatch Österreich.
Gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Tschechien, Ungarn, Italien
und der Slowakei hatte der ÖVP-Landwirtschaftsminister im Juni von
der EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag „zum Schutz der
Bezeichnungen für Lebensmittel tierischen Ursprungs“ gefordert. Als
Begründung wurden neben dem Schutz der tierischen Produkte auch der
„Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor irreführenden
Angaben“ angeführt.
„Das ist kein Verbraucherschutz, sondern einzig ein Geschenk an
die Fleischindustrie. Niemand kauft versehentlich ein Seitan-
Schnitzel, weil er glaubt, es sei ein Schweinsschnitzel. Diese
Verbotspläne sind ein durchsichtiges Manöver, um die boomende
Nachfrage nach pflanzlichen Alternativen auszubremsen – auf Kosten
von Konsument:innen und Klimaschutz“, warnt Indra Kley-Schöneich.
Konkret möchte die konservative Europäische Volkspartei (EVP)
erreichen, dass Begriffe wie „Burger“, „Wurst“ oder „Schnitzel“
ausschließlich Fleischprodukten vorbehalten sind. EU-Agrarkommissar
Christophe Hansen hat zudem vorgeschlagen, dass die Namen von
Tierarten wie „Huhn“ oder „Pute“ nicht mehr in der Bezeichnung
pflanzlicher Alternativen vorkommen dürfen – selbst dann, wenn diese
Produkte klar als vegan oder vegetarisch gekennzeichnet sind und die
Begriffe den Konsument:innen lediglich als Orientierung für Geschmack
und Zubereitung dienen sollen.
Zwtl.: Mehrheit der Konsument:innen lehnt Verbote ab
Eine Umfrage des europäischen Verbraucherverbandes BEUC zeigt: 80
Prozent der EU-Bürger:innen sehen kein Problem darin, dass Begriffe
wie „Burger“ oder „Schnitzel“ auch für pflanzliche Produkte verwendet
werden dürfen – solange sie korrekt als vegan oder vegetarisch
gekennzeichnet sind. „Mit ‚Kichererbsenlaibchen im Weckerl‘ kann kaum
jemand etwas anfangen – aber alle wissen, was mit ,Veggie-Burger‘
gemeint ist. Die EU versucht hier ganz klar, Lobbyismus im Dienste
der Fleischindustrie als Konsument:innenschutz zu verpacken und die
Menschen für dumm zu verkaufen, anstatt für Orientierung zu sorgen“,
so Kley-Schöneich. Dabei wäre mehr Klarheit beim Einkauf in vielen
Bereichen dringend notwendig: Eine einfach verständliche
Nährwertkennzeichnung wie der Nutri-Score, umfassende Informationen
zu Herkunft und Haltung oder – in Zeiten hoher Lebensmittelpreise
besonders aktuell – eine Kennzeichnungspflicht bei Schrumpfprodukten
wären Maßnahmen, mit denen Politiker:innen tatsächlich für mehr
Transparenz sorgen könnten.
Zwtl.: Breite Kritik – auch aus Wirtschaft
Neben foodwatch kritisieren viele weitere Organisationen und auch
Teile der Lebensmittelwirtschaft die Pläne. So haben sich bereits der
österreichische Handelsverband und der Lebensmitteleinzelhandel gegen
das Verbot ausgesprochen. Der Handelsverband betont, dass
gebräuchliche Begriffe wie „pflanzliches Schnitzel“, „Veggiewürstel“
oder „Plant-based-Steak“ wichtige Orientierungshilfen für
Konsument:innen seien. Alltagsfremde und erklärungsbedürftige
Vorschläge wie „pflanzliche Bratstücke mit Panade“, „Bratrollen“ oder
„Grillquadrate“ würden hingegen für Verwirrung sorgen. Auch der
Verein für Proteinvielfalt, in dem neben Handelsketten wie Spar,
Rewe, Hofer und Lidl auch Produzenten wie der Schinkenhersteller
Berger vertreten sind, warnt vor einem Rückschritt.
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